Wie wir Christenkinder mit unserer Verdammnis ganz alleine blieben

Angesichts der schriftlichen Zeugnisse aus dem Bereich der Gemeinschaftsbewegung, die ich in den Texten auf diesem Index aufgeboten und kommentiert habe, mag mancher Christ mir vorhalten: Was kritisierst du diese Texte? Sie sind allesamt Menschenwerk und fehlbar. Weißt du denn nicht, dass allein das Evangelium unseres HERRN Jesus Christus ausschlaggebend ist? Menschen können enttäuschen, Jesus nie! Warum also lastest du Gott die fehlbaren Taten seines "Bodenpersonals" an? Lies doch lieber in der Bibel, denn nur dort findest du die Wahrheit des Evangeliums von Jesus Christus.

Nun gut, es sei einmal unterstellt, alle maßgeblichen Mitglieder des "Bodenpersonals" Gottes, mit denen ich in meiner Kindheit und Jugend zusammenkam, hätten seine frohe Botschaft pervertiert und Lügen verbreitet. Dann müssten wenigstens in der Bibel deutliche Worte gegen die Drohbotschaft der Theologen stehen.

Es müßte dort stehen: Du bist nicht verloren. Du bist kein Sünder. Gott wird keinen einzigen Menschen am jüngsten Tage verdammen. Jesus ist nicht am Kreuz für dich gestorben, weil das gar nicht nötig war. Gott verlangt nicht von dir, dass du irgend etwas Bestimmtes glaubst. Gott zwingt dir nicht seinen Willen auf. Es gibt keine Hölle, keinen feurigen Pfuhl, keinen zweiten Tod.

Man möge mir diese Sätze in der Bibel zeigen.

Ich weiß, dass es Menschen gibt, die sich als Christen verstehen und diese Sätze dennoch unterschreiben würden. Sie meinen, diese Sichtweise in der Bibel finden zu können. Damit stellen sie sich jedoch eindeutig gegen die große Mehrheit der Christenheit. Meiner Ansicht nach betreiben sie eine zwar sehr sympathische aber letzten Endes unehrliche Verfälschung der biblischen Inhalte, indem sie eine menschenfreundliche, humanistische Haltung in die Bibeltexte hineintragen und alles Widersprechende ignorieren.

In meiner Kindheit sind mir solche Menschen nicht begegnet. Daher konnte mir diese zwar inkonsequente aber immerhin menschenfreundlichere Variante christlicher Frömmigkeit keine Hilfe bieten. Das lutherisch-pietistisch-evangelikale Gottesgift war dagegen so selbstverständlich und allgemeingültig, dass ein Abweichen in Glaubensdingen immer das hohe Risiko der ewigen Verdammnis in sich barg. Wie stolz sind doch die Christen der Gemeinschaftsbewegung darauf, dass sie genau den richtigen Glauben haben, während die "lauen Kirchenchristen" nicht wiedergeboren sind, die Freikirchler es dagegen mit ihrer Abgrenzung übertreiben. Und da es immer wieder hieß, es sei das Aller-Aller-Wichtigste, dass wir "in Jesus bleiben", konnte ich mir keinesfalls eine Abweichung von dem "schmalen Pfad" leisten, der in die Seligkeit führte.

Welche Bibelstellen auf uns Christenkinder wirkten bzw. den Hintergrund für die verwirrenden und quälenden Reden unserer Jungscharleiter, Prediger und Mitchristen bildeten, sollen ein paar Beispiele verdeutlichen. So schreibt z. B. Paulus, der angeblich per Lichtblitz von Christus selbst zum Apostel berufen wurde:

Was wollen wir denn hierzu sagen? Ist denn Gott ungerecht? Das sei ferne! Denn er spricht zu Mose: "Welchem ich gnädig bin, dem bin ich gnädig; und wessen ich mich erbarme, des erbarme ich mich." So liegt es nun nicht an jemandes Wollen oder Laufen, sondern an Gottes Erbarmen. Denn die Schrift sagt zum Pharao: "Eben darum habe ich dich erweckt, daß ich an dir meine Macht erzeige, auf daß mein Name verkündigt werde in allen Landen." So erbarmt er sich nun, wessen er will, und verstockt, welchen er will.
Nun sagst du zu mir: Was beschuldigt er uns dann noch? Wer kann denn seinem Ratschluß widerstehen? Ja, lieber Mensch, wer bist du denn, daß du mit Gott rechten willst? Spricht auch ein Werk zu seinem Meister: Warum machst du mich so? Hat nicht ein Töpfer Macht, aus einem Klumpen zu machen ein Gefäß zu Ehren und das andre zu Unehren? Derhalben, wiewohl Gott wollte Zorn erzeigen und kundtun seine Macht; hat er mit großer Geduld getragen die Gefäße des Zorns, die da zugerichtet sind zur Verdammnis, auf daß er kundtäte den Reichtum seiner Herrlichkeit an den Gefäßen seiner Barmherzigkeit, die er zuvor bereitet hat zur Herrlichkeit. Das sind wir, die er berufen hat, nicht allein aus den Juden, sondern auch aus den Heiden. (Römer 9, 14 - 24)

Für Paulus ist es ganz eindeutig: Gott, der HERR, erschafft zweierlei Arten Menschen: Die "Gefäße des Zorns", die er nur erschafft, um sie zu quälen und zu vernichten, und die "Gefäße der Barmherzigkeit", denen er Gutes tut, allerdings auch nur, um den "Reichtum seiner Herrlichkeit" kundzutun, also aus purem, eitlen Eigennutz, damit alle Welt sehe, was für ein toller Kerl er ist. Es ist verständlich, dass die "Gefäße der Barmherzigkeit" froh sind, zu den Erwählten zu gehören. Ebenso verständlich ist es aber auch, dass die "Gefäße des Zorns" Gott hassen und ihn verfluchen. Sie haben ja nichts als Quälerei und Vernichtung von ihm zu erwarten.

Zu dieser Schilderung des Paulus fällt mir nur ein Bild ein: Die Selektion auf der Rampe in Auschwitz.

Der Verfasser des ersten Johannesbriefs schreibt:

Wer Sünde tut, steht wider das Gesetz, und die Sünde ist Übertretung des Gesetzes. Und ihr wisset, daß er ist erschienen, damit er die Sünden wegnehme, und ist keine Sünde in ihm. Wer in ihm bleibt, der sündigt nicht; wer da sündigt, der hat ihn nicht gesehen noch erkannt. Kindlein, lasset euch von niemand verführen! Wer recht tut, der ist gerecht, gleichwie er gerecht ist. Wer Sünde tut, der ist vom Teufel; denn der Teufel sündigt von Anfang. Dazu ist erschienen der Sohn Gottes, daß er die Werke des Teufels zerstöre. Wer aus Gott geboren ist, der tut nicht Sünde, denn was er von Gott empfangen hat, das bleibt in ihm; und kann nicht sündigen, denn er ist von Gott geboren. Daran wird es offenbar, welche die Kinder Gottes und die des Teufels sind: wer nicht recht tut, der ist nicht von Gott, und wer nicht seinen Bruder liebhat. Denn das ist die Botschaft, die ihr gehört habt von Anfang an, daß wir uns untereinander lieben sollen, nicht wie Kain, der von dem Argen war und erwürgte seinen Bruder. Und warum erwürgte er ihn? Weil seine Werke böse waren und die seines Bruders gerecht.
Verwundert euch nicht, meine Brüder, wenn euch die Welt hasset. Wir wissen, daß wir aus dem Tode in das Leben gekommen sind; denn wir lieben die Brüder. Wer nicht liebt, der bleibt im Tode. Wer seinen Bruder hasset, der ist ein Totschläger, und ihr wisset, daß ein Totschläger nicht hat das ewige Leben in ihm bleibend. Daran haben wir erkannt die Liebe, daß er sein Leben für uns gelassen hat; und wir sollen auch das Leben für die Brüder lassen. (1. Johannes 3, 4 - 16)

Dieser Text ist ein typisches Beispiel dafür, wie in uns Christenkindern Verwirrung, Unsicherheit und Angst geschürt wurde, wie wir immer in der Ahnung gehalten wurden, dass wir nicht erlöst seien, dass dies an uns läge und wir irgend etwas tun müssten, wobei uns aber niemand sagen konnte, was das denn nun sei.

"Wer in ihm bleibt, der sündigt nicht; wer da sündigte, der hat ihn nicht gesehen noch erkannt", heißt es, und: "Wer Sünde tut, der ist vom Teufel". Danach wird behauptet: "Wer aus Gott geboren ist, ... kann nicht sündigen". Schlußfolgerung: "Daran wird es offenbar, welche die Kinder Gottes und die des Teufels sind". Was sündigen oder nicht sündigen ist, erfahren wir im Anschluß: "Wer nicht liebt, der bleibt im Tode. Wer seinen Bruder hasset, der ist ein Totschläger, und ihr wisset, daß ein Totschläger nicht hat das ewige Leben". Diese Liebe geht bis hin zur Verpflichtung, "das Leben für die Brüder [zu] lassen".

Zusammengefaßt: Wenn ein Christ wirklich wiedergeboren ist, liebt er nur noch und kann nicht mehr hassen. Wer nicht ständig liebt, sondern auch hasst, beweist, dass er noch nicht wiedergeboren ist.

Natürlich gab es auch andere Texte, die uns die Vergebung der Sünden versprachen, aber immer wieder wurden wir dadurch verunsichert, dass behauptet wurde, wenn jemand wirklich angenommen sei, würde er "erneuert", würden ihm Kräfte von Gott zufließen, würde er bestimmte Dinge tun bzw. nicht tun, ja sogar bestimmte Gefühle (Liebe) haben bzw. nicht haben (Hass).

Besonders perfide war die Gedankenfigur mit dem "Totschläger". Sie kommt im Neuen Testament des öfteren vor und geht auf ein Jesuswort zurück:

Ihr habt gehört, daß zu den Alten gesagt ist: "Du sollst nicht töten; wer aber tötet, der soll des Gerichts schuldig sein." Ich aber sage euch: Wer mit seinem Bruder zürnt, der ist des Gerichts schuldig; wer aber seinem Bruder sagt: Du Nichtsnutz! der ist des Hohen Rats schuldig; wer aber sagt: Du gottloser Narr! der ist des höllischen Feuers schuldig. (Matthäus 5, 21 - 22)

Kleinste Verfehlungen, ja schon Gefühle (zürnen) oder sprachlicher Ausdruck von Ärger, Wut oder Unmut (Du Nichtsnutz!, Du gottloser Narr!) sind also genauso schlimm wie Mord und werden mit ewiger Verdammnis bestraft. Die Folge dieser maßlosen Strafandrohung, die jeder Verhältnismäßigkeit entbehrt, war ein rigoroser moralischer Perfektionismus und das unausgesprochene aber darum nicht minder wirksame Verbot, "negative" Gefühle wie Wut, Ärger und Haß zu haben, geschweige denn auszudrücken. Wir wurden daher ständig in Schuldgefühlen gehalten, und da wir wußten, dass nur "Erneuerung" zur Erlösung führte, unsere Anfälligkeit für Sünde aber nicht abnahm, mussten wir an unserer Wiedergeburt zweifeln. Und dann wurde uns immer und immer wieder gesagt: "Deine Sünden sind dir vergeben". Und dann wurde uns immer und immer wieder beschrieben, woran man einen "von Gott Geborenen" erkennt.

Das ist, wie wenn man einem Verhungernden ein Stück Brot vor den Mund hält und immer wieder wegzieht, wenn er zubeißen will. In anderen Zusammenhängen nennt man so etwas Folter oder Gehirnwäsche.

In der Offenbarung des Johannes können wir folgende Sätze lesen:

Wer überwindet, der wird alles ererben, und ich werde sein Gott sein, und er wird mein Sohn sein. Der feigen Verleugner aber und Ungläubigen und Frevler und Totschläger und Unzüchtigen und Zauberer und Götzendiener und aller Lügner, deren Teil wird sein in dem Pfuhl, der mit Feuer und Schwefel brennt; das ist der zweite Tod. (Die Offenbarung des Johannes, 21, 7 - 8)

Mit diesem Text verbindet mich eine persönliche Erinnerung. Mitte der 70er Jahre fand in unserer Stadt eine Zeltevangelisation statt. An einem Abend nahm auch ich, 15-jährig, an der Evangelisationsveranstaltung teil, zusammen mit meiner Mutter, meiner Schwester und weiteren Gemeinschaftsleuten. Niemals hat einer von ihnen geäußert, an diesem Abend sei etwas Böses, Schlimmes oder zumindest Bedenkliches geschehen. Dieser Abend war offenbar ein selbstverständlicher Bestandteil des Christenlebens der Gemeinschaftsleute.

Herr Szepan, der Evangelisator (man gestehe mir diese treffende Wort-Neuschöpfung zu), predigte an diesem Abend über den zitierten Text aus der Offenbarung und legte aus, was unter den Verleugnern, Ungläubigen, Frevlern usw. zu verstehen sei. Mir ging das durch und durch und mir wurde klar, dass ich bestimmt nicht in den Himmel kommen würde, wenn ich weiterhin so unfromm bliebe, wie ich war, und mich nicht richtig bekehrte, denn zumindest die ersten beiden Kategorien der Verdammten, die Verleugner und Ungläubigen trafen ja voll auf mich zu! Ich verleugnete in der Öffentlichkeit meinen Glauben, mit dem es obendrein auch nicht weit her war, was sich wiederum auch dadurch zeigte, dass ich ein feiger Verleugner war. Und ich beschloss, mich endlich richtig zu bekehren.

Herr Szepan rief alle auf, die sich bekehren wollten, doch aufzustehen, und ich hatte innerlich einen heftigen Kampf auszufechten. Offiziell war ich doch fromm, der Sohn des Missionsinspektors, regelmäßiger Besucher des Jugendbundes, Mitglied einer per definitionem frommen Familie - wie konnte ich mich da offiziell bekehren? Würde da nicht die ganze Schande meines Glaubensversagens in aller Öffentlichkeit auf mich und meine Familie fallen und alle mit dem Finger auf mich zeigen: Seht her: dieser Heuchler, dieser Versager! Die Angst war so groß, dass ich sitzen blieb, obwohl das Bedürfnis, mich zu bekehren sehr stark war.

Nach Ende der Veranstaltung deckte ich mich massenhaft mit evangelisatorischem Schriftmaterial und Aufklebern ein, die im Zelt auf Tischen zum Mitnehmen auslagen. Zuhause beschloß ich, mich wenigstens noch privat im stillen Kämmerlein zu bekehren, und ich kramte jenes kleine Bibelspruchbüchlein mit Bekehrungsvertragsformular im Anhang hervor, dass einmal am Geburtstagsgeschenk eines frommen Klassenkameraden gebaumelt hatte. Ich sprach das sogenannte Übergabegebet - mir war ganz ernst dabei - und legte mich ins Bett, wo mich ein sehr glückliches Gefühl überkam. Ich fühlte mich bekehrt und mit Gott versöhnt, spürte geradezu seine Gegenwart, und dachte daran, wie ein Jungscharleiter einmal in einer Jungscharstunde auf die Frage, woran man erkennen könne, dass man bekehrt und errettet sei, geantwortet hatte, man fühle sich dann sehr glücklich.

Das Resultat von alledem war lediglich, dass ich mein Regal mit den Aufklebern und meine Bibel mit irgendwelchen ausgeschnittenen evangelisatorischen Texten (wie man die Bibel liest etc.) verunstaltete. Ansonsten änderte sich nichts. Jesus kam nicht in mein Leben. Er gab mir keine Kraft zum regelmäßigen Bibellesen und Beten oder zum mutigen Bekennen. Der Heilige Geist erweckte weder Glaubensgewissheit noch ein tieferes Verständnis für die Heilige Schrift in mir. Und so schwebte ich weiter zwischen Himmel und Hölle - völlig allein mit meiner Not, da ich mich keinem Menschen anzuvertrauen wagte. Die Schande, dass meine Unfrömmigkeit offenbar werden könne, erschien mir so groß, dass ich glaubte sie nicht ertragen zu können. So tief hatte sich der göttliche Verdammungsfluch in mich eingefressen. Und niemals hat irgendeiner meiner Mitchristen zu mir gesagt: "Es ist vollkommen ok, wenn du unfromm bist. Du bist frei zu glauben, was für dich stimmig ist, und niemand wird dich dafür verdammen." - Soviel zum Thema christliche Nächstenliebe.

In solch einer Situation zu leben und Worte zu lesen wie "Ich bin das Brot des Lebens. Wer zu mir kommt, den wird nicht hungern; und wer an mich glaubt, den wird nimmermehr dürsten", oder "wer zu mir kommt, den werde ich nicht hinausstoßen" (Johannes, 6, 35), müßte eigentlich wie Hohn wirken. Das wahrzunehmen war mir jedoch nicht möglich, denn dazu hätte ich es wagen müssen, an Gottes Aufrichtigkeit zu zweifeln. In Wirklichkeit war es doch so: All die frohen Verheißungen existierten ausschließlich auf dem Papier der Bibel, in den Mündern der Prediger und in den Worten und Melodien der christlichen Lieder. Das, was ich täglich erfuhr, aber nicht wahrhaben wollte, war dagegen: Jesus schweigt und zeigt mir die kalte Schulter.

Das teuflische an der Gemeinde Christi ist, dass alle so tun, als würden sie die Stimme des HERRN vernehmen. So entstand bei uns Christenkindern der Eindruck, nur wir allein würden Gottes Gegenwart nicht spüren, und dann konnte es ja auch nur an uns liegen. Dass Gott selbst der Schuft war, der sich verbarg und uns zu "Gefäßen des Zorns" bestimmt hatte, das durften wir nicht einmal denken, denn das hätte die sichere Verdammnis heraufbeschworen.

Wie kann es dazu kommen, dass Kinder, die von klein auf mit den biblischen Geschichten vom lieben Herrn Jesus, dem Heiler und Helfer in allen Lebenslagen, aufgewachsen sind, solche Ängste entwickeln? Es ist die Angst der Eltern vor der Verdammnis, die sich auf ihre Kinder überträgt. Christliche Eltern lesen z. B. Sätze wie diese:

Die biblische Sicht vom Menschen verwehrt uns eindeutig die Meinung, als würde der Mensch sich von selbst am besten entfalten. Nein! Der Mensch, sich selbst überlassen, würde geradewegs ins Unglück, ins Verderben rennen. Der Mensch, von Gott geschaffen, auf Gott hin bezogen, ist durch die Sünde von Gott abgefallen und lebt in der Gottesferne. Er ist erlöst durch Jesus Christus, doch gilt es nun diese Erlösung anzunehmen; ohne Jeus Christus ist der Mensch verloren, sein Leben sinnlos. ...
...Wohl ist eine gesunde biblische Lehre für das Kind wichtig. Doch ist uns Gottes Wort nicht erstlich gegeben, um unseren Wissensstand zu erweitern, um etwas klügere oder religiöse Leute aus uns zu machen, auch nicht, um neue Denkanstöße zu erhalten, sondern um zu einem Leben mit Jesus zu rufen. Es geht um Leben und Tod, um Gerettet- oder Verlorensein. Es geht um die Annahme der Erlösung durch Jesus."
Otto Schaude, Glauben Lehren Erziehen, Heft 5,
Mit der Bibel aufwachsen, 1980., S. 8 u. 14

"Es geht um Leben und Tod"! Als ich diesen Satz las, begriff ich, wie furchtbar es für christliche Eltern sein muß, wenn ihr Kind nicht fromm ist: "Es geht um Leben und Tod"!

Ein Kind gläubiger Eltern wird es intuitiv spüren, wie wichtig der Glaube ist, dass Unglaube den Tod bedeuten würde und dass es für seine Eltern äußerst schmerzhaft wäre, wenn es unfromm und damit zum Tode verurteilt wäre.

Andererseits wären die Eltern niemals in der Lage zu akzeptieren, dass ihr Kind unfromm wäre und es ihm dabei dennoch gut ginge. Denn das würde ihren Glauben in Frage stellen und massive Ängste in ihnen auslösen, denn der Glaube ist für sie das einzige, was ihre eigene Todesangst von ihnen fernzuhalten vermag. Deshalb darf es einfach keine Alternative zum Evangelium geben: "Es geht um Leben und Tod"!

Und weil dies für alle mit solch starken Ängsten verbunden ist, kann in christlichen Familien nicht offen darüber gesprochen werden. Unfromm zu sein, wird zum Tabu. Und so bleibt jeder in seiner Hölle allein. Lob, Preis und Ehr sei dem HERRN!

Obwohl alle Familienmitglieder inzwischen lange erwachsen waren, hatte ich lange Zeit große Hemmungen, ihnen gegenüber meine Erfahrungen und Empfindungen Gott gegenüber allzu drastisch Ausdruck zu verleihen, aus der Angst heraus, das würde ihnen zu sehr zusetzen, sie könnten ihren Glauben verlieren, und was dann? Erst vor wenigen Jahren fiel mir auf, dass jeder bekehrte Christ auf dieser Welt die selbstverständliche Dreistigkeit hat, zu wünschen, ich möge zum Glauben kommen. Und in mir regte sich das schlechte Gewissen bei dem Gedanken, die Verkündigung meiner frohen Botschaft könne mithelfen, dass ein Christenmensch Befreiung vom Glauben und der ewigen Verdammnis erlangt - Welch perverse Verkehrung. Sie zeigte mir, wie tief noch immer die Angst vor Gottes Verdammnis in mir steckte.

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